Update: Dieser Beitrag hat dringend eine Überarbeitung gebraucht, die ich jetzt, ein Jahr später, leisten konnte.
Im Sommer 2019 bin ich zum ersten mal komplett alleine weg geflogen für etwas, was ich reinen Urlaub bezeichnen würde. Der Tipp für Montenegro kam durch meinen Lieblingsfotograf auf Youtube, Brendan Van Son, der Kotor als seine absolute Lieblingsstadt beschrieb – etwas was ich ohne Zweifel unterschreiben würde. Zudem hatte ich im Frühjahr einen Adventure-Guide aus dem Hinterland Montenegros getroffen, der mich bei der Suche nach Reisezielen im Land unterstützte.
Mein Sommer in diesem Jahr war sehr ereignisreich und dicht getaktet. Über einen Zeitraum von ca. zweieinhalb Monaten war ich mit Pausen von höchstens 48 Stunden von Stadt zu Stadt und Land zu Land unterwegs.
Vor meinem Urlaub in Montenegro war ich für ein Projekt in Neapel, Italien und flog mit einem Umstieg in Rom, ein sehr schöner Flughafen sei hier angemerkt, nach Podgorica, der Hauptstadt Montenegros. Der dortige Flughafen glich eher einem Sportflugplatz mitten in der Provence, umgeben von trockenen Feldern war eine einzige Landebahn mit einem kleinen Gebäude. Nach der Landung fuhr ein alter Traktor mit einer golrifizierten Leiter vor, woraufhin man über das Rollfeld zur Passkontrolle laufen musste.
Ich muss gestehen, dass ich als EU Bürger ein sehr verwöhnter Reisender bin. Meine Recherche vor Abflug beschränkte sich darauf herauszufinden, ob ein Visum für die Einreise benötigt wird. Ich hatte weder bedacht, dass ich kein mobiles Internet, noch die lokale Währung haben werde.
Zum Glück stellte sich heraus, dass Montenegro, durch seltsame Umstände vor einigen Jahrzehnten, im Jahr 2002 von der Deutschen Mark zum Euro gewechselt hat – Ohne in der Eurozone zu sein.
Damit hatte ich ein Problem weniger.

Ich habe im Vorfeld der Reise nach Mietwagenangeboten gesucht und war enttäuscht, dass die bekannten Vermieter wie Europcar, Budget und Sixt nicht an 19 Jährige vermieten. Doch zum Glück habe ich einen lokalen Anbieter gefunden, der mir einen alten Passat mit Automatik-Schaltung zur Verfügung stellte. Ein Passat ist viel zu groß für einen Alleinreisenden mit einem Koffer und wie ich feststellen musste ist es gewöhnungsbedürftig solch ein Schiff zu navigieren.
Auch die Umstellung auf Automatik fiel mir nicht leicht. Nach einer kurzen Einweisung auf dem Parkplatz des Flughafens verschwand die Dame des Autovermieters und wies mich noch darauf hin, dass der Tank fast leer sei. Zur Tankstelle habe ich es noch geschafft, jedoch ergab sich dort die stressige Situation, dass ich noch nie ein Automatik-Auto gestartet habe. Nach einem anfänglichen Hupkonzert anderer Fahrer halfen mir fünf Locals, von denen keiner auch nur ein Wort Englisch sprach, mit viel Trial and Error den Motor anzubekommen und mir das vorgehen zu zeigen.
Virpazar
Mein erster Halt war, auf Empfehlung meines Bekannten hin, das kleine Fischerdörfchen Virpazar am Skadar Lake, nahe der albanischen Grenze. Dort hatte ich ein Apartment für eine Nacht, das sich als äußerst luxuriös herausstellte.
Das kleine Fischerdorf hat leider durch einen touristischen Boom, Teil dessen auch ich bin, sämtlichen Charme für mich verloren. Es reihten sich Restaurants aneinander und der See konnte nur im Rahmen von geführten Touren erkundet werden. Ich fuhr ziellos durch die Gegend, besuchte Aussichtspunkte und eine kleine Burg, die jedoch auch unspektakulär war.

Für mich war klar, dass meine Abendgestaltung das Highlight des Tages werden musste. Deshalb machte ich mich auf in Richtung Meer, in der Hoffnung dort noch vor dem Sonnenuntergang anzukommen.
Überraschenderweise gelang mir dieses Unterfangen und ein Strand, den ich auf Google Maps fand bot mir den ersten Sonnenuntergang an der Adria.
Steinige Strände sind eigentlich nicht so meins, doch aus fotografischer Sicht machen sie den Vordergrund schon deutlich interessanter.
Nachdem ich zufrieden mit meiner Bilderausbeute war musste ich natürlich noch ins Wasser springen und die letzten Sonnenstrahlen aus dem warmen Wasser des Mittelmeers genießen.
Das Wasser war so unglaublich klar, dass die Felsen am Grund wie direkt unter der Wasseroberfläche wirkten, was zu der lustigen Situation führte, dass ich fürchtete meine Füße anzustoßen – trotz mindestens zwei Meter Tiefe.
In diesem Moment fühlte ich mich zum ersten Mal wie im Urlaub.
Meinen restlichen Abend verbrachte ich in Bar, der Partystadt des Balkan-Lands. Mit einem ganzjährigen Jahrmarkt, betonierten Promenaden und unzähligen Casinos war Bar ein interessanter Kontrast zum Rest meines Urlaubs aber definitiv kein Urlaubsziel für mich.
Kotor
Der nächste Stopp meiner Reise war Kotor, eine mittelalterliche Küstenstadt, die geschützt in einer Bucht die Zeit überdauert hat.
Dort quartierte ich mich in einer kleinen, schick eingerichteten AirBnB Erdgeschosswohnung mit Garten ein, bei der die Gastgeberin mich freudig mit einer Flasche Wein und einem Kuchen empfing.
Den ersten Abend verbrachte ich im Stadtkern der Altstadt, indem ich mich absichtlich gandenlos verirrte, rechts und links nach Belieben abbog und versuchte möglichst jede Ecke zu erkunden. Kotors Altstadt besteht aus zahllosen winzigen gepflasterten Gassen, die ohne erkennbares Muster zwischen den Häusern entlang führen.
Eingeengt zwischen Stadtmauer und Häusern stehen verschiedene Kirchen und Gemäuer, begleitet von öffentlichen Plätzen, deren Pflastersteine wie poliert glatt gelaufen wurden.
Ich fühlte mich wie in einem Mittelalter-Märchen, umgeben von schiefen Häusern, kleinen Lichtern und unglaublich vielen Katzen. Aus jeder Ecke kam ein anderes Geräusch oder ein neuer Geruch dem ich folgen konnte.
Kotor gilt als die Stadt der Katzen, da sie seit Jahren ein Problem mit streunenden Katzen haben. Statt diese Situation zu bekämpfen wurde sie zum Stadtmarketing gemacht und die Katzen werden vermehrt angefüttert.
Obwohl Kotor auch bei Tageslicht viel zu bieten hat und sich durch eine Vielzahl von Cafés auszeichnet, bestimmt jedoch der Hafen der Stadt die ankommenden Menschenmassen. Morgens entladen ein bis zwei Kreuzfahrtschiffe hunderte Touristen, die tagsüber durch die Gassen streifen und erst zum Abend wieder in ihr schwimmendes Hotel zurückkehren. Ab Sonnenuntergang kehrt Ruhe ein und die Stadt zeigt ihren Charakter.

Meinen ersten ganzen Tag in Kotor begann ich mit einem Frühstück im Garten und einer anschließenden Wanderung entlang der Stadtmauer auf den Berg. Da Kotor in einer Bucht gelegen ist, bieten die umgebenden Berge die beste Aussicht auf die Stadt und das dahinterliegende Meer.
Leider war ich nicht der Einzige, der diese beschwerliche Wanderung in Angriff nahm. Ich denke es war trotzdem eine gute Entscheidung die Kamera die ganze Strecke mitzunehmen.
Oben angekommen bot die kleine Festung an der Stadtmauer einen tollen Blick über die Gegend. Die harten Schatten der Sonne machten ansehnliche Fotos schwierig, trotzdem bietet die Perspektive einen tollen Überblick über die Stadt.

Ein weiterer Ausflug von Kotor aus war eine Autofahrt entlang der Küste, mit einigen Stopps für gelegentliche Sprünge in das kristallklare Wasser der Bucht. Das Schöne am alleine Reisen: Man ist frei in seiner Entscheidung; ich richtete meine Aktivitäten immer nur nach meinen Bedürfnissen.
Auf dem Rückweg hielt ich in dem kleinen und unglaublich teuren Dorf Perast. Gelegen an einer Steilküste sind die Wachstumsmöglichkeiten des Ortes stark eingeschränkt, so dass die Hotels sich auf Luxustourismus spezialisiert haben.
Hier wartete ich den Sonnenuntergang ab, bevor ich wieder zurück nach Kotor für ein nettes Abendessen in einem der kleinen Restaurants der Innenstadt fuhr. Nach diesem angenehmen Abendprogramm kehrte ich zurück in meine Wohnung und holte meine Kamera für eine weitere Runde Kotor bei Nacht.
Insgesamt habe ich einen sehr positiven Eindruck von Kotor bekommen. Seit einem Jahr ist diese Stadt meine Antwort auf die Frage nach dem Ort an dem ich gerne leben würde. In meiner Erfahrung waren die Menschen freundlich, sprachen gutes Englisch, das Wetter ist wundervoll und die Stadt hat die hübscheste Altstadt, die ich bisher gesehen habe.
Ich wünsche mir zurück kommen zu kommen und für ein oder zwei Monate in Kotor arbeiten zu können.
Žabljak
Nach zwei Nächten in Kotor fiel es mir wirklich schwer die Stadt und damit auch das Meer zu verlassen. Innerhalb von 48 Stunden hatte ich mich bis über beide Ohren in die Gegend zu verlieben.
Vor mir lag eine 200km Route ins Hinterland, die ich mir vorab herausgesucht hatte. Žabljak ist ein kleines Dorf im höhergelegenen Hinterland Montenegros, in dem ich mir eine für dort übliche Holzhütte gemietet habe. Die Routenführung änderte ich jedoch ab, um einen Abstecher zum Pivsko Jezero, einem Stausee nahe der Grenze zu Bosnien und Herzegowina zu machen.
Die Fahrt führte mich auf gut ausgebauten Straßen durch wunderschöne Gegenden. Ich kam an tiefblauen Seen, dichten Waldgebieten und steinigen Bergkämmen vorbei, teilweise als einziges Auto in einer halben Stunde.
Unterwegs passierten viele kuriose Dinge. Unter Anderem hörte eine Bundesstraße auf der ich mit 120km/h fuhr ohne Vorwarnung auf und endete abrupt in einer geschotterten Baustellenstraße. An einer anderen Stelle der Straße musste ich unvermittelt einer Kuh ausweichen, die alleine mitten auf der Spur stand und sich dort sichtlich wohl fühlte. Der Rest einer Kuhherde war weit und breit nicht zu sehen.

Genauso nahm ich einen alten Mann für einige Kilometer mit, der scheinbar als Local auf die Idee des Anhalter-Fahrens kam. Verständigung war leider nicht wirklich möglich, doch trotzdem war ich froh um die paar Minuten Gesellschaft.
In Plužine am Stausee angekommen kam ich in etwas, das einer Geisterstadt anmutete. Entlang der Hauptstraße wurde der Bau von vielen Hotels und großen Gebäuden begonnen, der vor weinigen Jahren bei halben Fortschritt eingestellt und dem Verfall überlassen wurde.
Nach einer kurzen Stärkung begann der zweite uns spannendere Teil der Fahrt.

Vom Stausee aus fuhr ich hoch ins Gebirge. Verglichen mit den Temperaturen an der Küste wurde es empfindlich kühler, so dass ei T-Shirt nicht mehr wirklich die angemessene Kleidung war.
Die Straßen wurden immer unbefestigter und die Gegend immer ländlicher. Zwischenzeitlich wähnte ich mich in der mongolischen Steppe mit einer sehr markanten Gebirgsvegetation.
Auf meinem Weg musste ich durch nicht einzäunte Pferde-, Schaf- und Kuhherden, was die ganze Strecke zu einem Abenteuer in sich machte.
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